Ein (Teil-)Kaskoschaden ist schnell passiert. Gut wenn niemanden etwas passiert ist! Für die Schäden an meinem geliebten Fahrzeug kommt ja meine Kaskoversicherung auf!
So denken sicherlich viele. Schließlich zahlen sie hierfür enorme Prämien- die gefühlt- jedes Jahr teurer werden.
Umso ernüchternder ist es dann, wenn man nach dem beantworten zahlreicher Fragen. Der Übersendung duzender Unterlagen (z.B. Kaufvertrag, Reparaturrechnungen vergangener Unfälle, TüV-Berichte, Lichtbilder der Unfallörtlichkeit etc.) und der Besichtigung des Fahrzeuges durch einen Sachverständigen des Versicherers, dann das Schreiben erhält:
"wir können Ihnen leider nicht weiterhelfen. Die Gründe unserer Ablehnung erfahren Sie in einem Prozess."
Der Versicherungsnehmer ist nun (taktisch gewollt) in der Zwickmühle. Soll er einen kostspieligen Prozess riskieren? Um welche Summe geht es eigentlich? Soll er selbst einen Gutachter beauftragen oder reicht schon ein Kostenvoranschlag? und vor allem, hätte ein Prozess überhaupt Aussicht auf Erfolg?
Es ist sicherlich kalkulierte Strategie des einen oder anderen Versicherers, seinen Vertragspartner hier im Dunklen zu lassen. Selbstverständlich in der Hoffnung, dass er seinen Anspruch nicht wird durchsetzen wollen / können.
Denn einen eigenen (teuren) Sachverständigen wird er wohl nicht beauftragen. Eine Kostenübernahme der Gebühren (je nach Höhe des Schaden weit mehr als 1.000€) muss der Versicherer nicht befürchten, denn die sind in den Bedingungen ausgeschlossen.
Mit einem "günstigen" oder manchmal auch kostenlosen Kostenvoranschlag kommt der Versicherungsnehmer nicht weiter. Denn diese enthalten weder Angaben zum Wiederbeschaffungswert noch zum Restwert des Fahrzeuges. Etwaige Reparaturkosten, müssen sich aber laut den Bedingungen (was auch viele Anwälte nicht wissen), in den Grenzen des sogenannten Wiederbeschaffungsaufwandes (also Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) bewegen.
Mit dieser Taktik dürfte jetzt aber weitgehend Schluss sein. Denn das OLG Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 25.09.23 festgestellt, dass es zu den Treuepflichten des Versicherers gehört, ihm Einblick in das Kaskogutachten zu gewähren. Der 7. Senat hat klargestellt, dass es dem Versicherungsnehmer, selbst wenn andere Umstände für eine Ablehnung sprechen könnten, eine vollumfängliche Prüfung, ob und in welcher Höhe ein Anspruch überhaupt besteht, zu ermöglichen ist.
Experten Tipp
Wenn Sie Ihr Fahrzeug besichtigen lassen, fragen Sie den Sachverständigen gleich, ob er Ihnen eine Kopie des Gutachtens zukommen lassen kann. Verheimlichen Sie auch auch nicht, dass Sie wissen, dass der Versicherer ohnehin dazu verpflichtet ist.
Warten Sie eine Woche und Schreiben Sie Ihrem Versicherer, dass der Gutachter da war und Sie jetzt gerne Einsicht in das Gutachten hätten. Verweisen Sie gerne auf das Urteil (OLG Frankfurt a.M. 7 U 40/22).
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Danke, Ihr Marcus Scholz
Fachanwalt für Versicherungsrecht