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Nacharbeitungsverpflichtung des Strukturvertriebes auch bei widerrufenen Versicherungsverträgen

Grundsätzlich entsteht der Anspruch des Versicherungsvertreters auf Provision – abweichend von § 87 a Abs. 1 HGB – erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Versicherungsvertretervertrag berechnet (§ 92 Abs. 4 HGB).

 

Nach der Vorschrift des § 87 a Abs. 3 HGB, die auch für den Versicherungsvertreter gilt, besteht allerdings auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist; der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtausführung aber, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat.

 

§ 87 Abs. 3 Satz 2 HGB mit der sich daraus grundsätzlich ergebenden Nachbearbeitungsverpflichtung des Versicherers setzt voraus, dass durch die Vermittlung des Vertreters überhaupt ein wirksames Geschäft zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zustande gekommen ist.

 

Diese Voraussetzung ist auch im Fall eines später widerrufenen Versicherungsvertrages erfüllt, da nach § 8 VVG – anders als nach dem bis 31.12.2007 geltenden § 5 a VVG a.F. – der Versicherungsvertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer schwebend wirksam ist (vgl. OLG München 7 U 618/18) .

 

Der Widerruf vernichtet den Vertrag auch nicht ex tunc, sondern nur ex nunc mit der Folge, dass sodann ein Rückabwicklungsschuldverhältnis entsteht .

 

Da aufgrund des – wenn auch nur zeitlich beschränkten – Bestehens eines wirksamen Versicherungsvertrages § 87 a Abs. 3 HGB zur Anwendung kommt, besteht nach § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB auch bei widerrufenen Versicherungsverträgen eine Nachbearbeitungspflicht des Versicherers und fällt der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters nur bei ausreichender Nachbearbeitung weg

Tipp:

Ausscheidenden Versicherungsvertretern ist zu empfehlen, sich einen qualifizierten Buchauszug übergeben zu lassen und genauestens zu überprüfen, ob das Unternehmen bei widerrufene Versicherungsverträgen angemessene Nacharbeitungsmaßnahmen angestrengt hat.

Im Falle das bereits Provisionen zurückgefordert werden, sollten Sie den Vertrieb auffordern - und nicht blind bezahlen- substantiiert darzulegen, ob und welche Maßnahmen ergriffen worden sind.

 

Insgesamt dürfte  es aber aufgrund der Komplexität ratsam sein, so früh wie möglich einen spezialisierten Rechtsanwalt (Handelsrecht, Vertriebsrecht) hinzuzuziehen, wenn man mit dem Gedanken spielt, den Strukturvertrieb oder Versicherer zu verlassen.

 

Gerne steht Ihnen Rechtsanwalt Marcus Scholz, Fachanwalt für Versicherungsrecht und spezialisiert auf das Vertriebsrecht (Versicherungsvermittler) bundesweit mit Rat und Tat zur Seite.

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