In der Versicherungsbranche kursiert das Gerücht, dass der Versicherungsvertreter (oder auch der Handelsvertreter) bei der Eigenkündigung des Handelsvertretervertrages seinen Ausgleichsanspruch verliert.
Das ist jedoch nur bedingt richtig.
Zutreffend ist, dass gem. § 89b Abs. 3, 1. Alt. HGB der Ausgleichsanspruch bei der Eigenkündigung wegfällt.
Der geneigte Leser wird- wenn er denn weiter ließt feststellen- dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Nämlich:
1. es sei denn, dass das Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder
2. dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen des Alters oder Krankheit nicht zugemutet werden kann.
Demnach ist zunächst zu konstatieren, dass der Ausgleichsanspruch erhalten bleiben kann, wenn es dem Vertreter nicht zugemutet werden kann, seiner Tätigkeit -krankheitsbedingt-noch weiter nachzugehen.
Dabei ist wichtig zu wissen, dass dies nicht der Kündigungsgrund sein muss. Vielmehr kann dieser noch nachgeschoben werden. Denknotwendig muss er auch nicht in der Kündigung genannt werden.
Aber wann liegt eine derartige Erkrankung vor?
Der BGH teilte hierzu sinngemäß mit:
" Die Störung des Gesundheitszustandes muss so schwerwiegend und von unabsehbarer Dauer sein, dass der Handelsvertreter / Versicherungsvertreter auch durch den Einsatz von Ersatzkräften nicht in der Lage ist, seiner Haupttätigkeit nachzugehen"
Weder eine Schwerbehinderung noch eine Berufsunfähigkeit wird verlangt. Beides stellen aber wichtige Indizien dar.
Welche konkreten Erkrankungen hierunter fallen ist stets dem Einzelfall vorbehalten und bedarf einer entsprechenden Überprüfung.
Wie kann man die Krankheit beweisen?
Dafür das der Vertreter seine Tätigkeit auf unabsehbare Zeit krankheitsbedingt nicht mehr ausüben können wird, ist er darlegungs,- und beweisbelastet.
Den Beweis wird er einerseits durch ein (fach-)ärztliches Attest, besser noch durch ein amtsärztliches Gutachten erbringen können.
Hier ist dringend davon abzuraten sich ein "Gefälligkeitsgutachten" vom Hausarzt erstellen zu lassen. Denn in aller Regel wird das Unternehmen (Strukturvertrieb) die Kündigung und vor allem dem Kündigungsgrund widersprechen. Zur Durchsetzung ist dann zwingend ein Gerichtsverfahren zu führen.
Hier stellt dann das ärztliche Attest zwar substantiierten Vortrag dar (Darlegungslast) es hat für das Gericht jedoch keinen Beweiswert. Vielmehr wird das Gericht auf Antrag ein eigenes Sachverständigengutachten in Auftrag geben.
Tipp
Um erfolgreich sein zu können, wird man beweisen müssen, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die oben dargestellten Tatbestandsvoraussetzungen vorlagen. Da sich jedoch einerseits der Gesundheitszustand ändern kann, anderseits ein Gerichtsverfahren sehr lange dauern kann, empfiehlt es sich, zuvor ein selbstständiges Beweisverfahren durchzuführen. Das ist schneller und günstiger. Nicht selten "knicken" die Unternehmen nach einem positiven Gutachten auch ein, sodass man sich ein Hauptsacheverfahren ersparen kann.
Da aber insgesamt diese Strategie recht risikobehaftet ist, da es schlussendlich darauf ankommt, wie der Sachverständige den Gesundheitszustand wertet, sollte man versuchen, einige gütliche Einigung im Wege eines Aufhebungsvertrages zu finden.
Gerne steht Ihnen hier Rechtsanwalt Scholz als Experte im Handelsrecht / Vertriebsrecht mit Rat und Tat zur Verfügung. Gerade bei dem Ausstieg aus dem Handelsvertretervertrag gibt es einiges zu beachten (siehe hier), was eine anwaltliche Begleitung und Vertretung schon so früh wie möglich sinnvoll erscheinen lässt.
Rechtsanwalt Scholz ist in Dortmund ansässig, berät und vertritt ausscheidende Handelsvertreter aber bundesweit. Nehmen Sie gerne Kontakt auf.