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BGH stärkt Rechte der Versicherungsnehmer in der Hausratsversicherung

Mit seiner Entscheidung (BGH, Urteil vom 17.04.2024 - IV ZR 91/23) stärkt der Bundesgerichtshof, als höchste Instanz in Deutschland, erneut die Rechte von Versicherungsnehmern in der Hausratsversicherung hinsichtlich der Beweislast bei einem behaupteten Einbruchdiebstahl.

 

Im Leitsatz der Entscheidung heißt es:

 

"Der Senat hält daran fest, dass für das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls die festgestellten Spuren nicht in dem Sinne stimmig sein müssen, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 171/13, VersR 2015, 710 Rn. 22)."

 

Doch was bedeutet dies für den Versicherungsnehmer, dessen Versicherung nicht zahlen will?

Der Sachverhalt

Der Kläger begehrt als Erbe seines während des Rechtsstreits verstorbenen Vaters Deckung aus einer Hausratversicherung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls. In den vom Vater des Klägers mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag sind deren Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen (VHB 84) einbezogen. Gemäß § 5 Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 VHB 84 liegt ein Einbruchdiebstahl unter anderem dann vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht oder einsteigt.

Der Kläger hat behauptet, in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2016 seien während der Abwesenheit seiner Eltern unbekannte Täter in das versicherte Wohngebäude eingedrungen. Die Täter hätten sich durch Aufhebeln des linken, geschlossenen Fensters im Erdgeschoss Zutritt verschafft, nachdem sie zunächst vergeblich versucht hätten, das mittlere Erdgeschossfenster aufzuhebeln. Sie hätten das Gebäude nach Wertsachen durchsucht und aus einem Kleiderschrank im Obergeschoss einen verschlossenen Tresor mit Schriftstücken, Bargeld und Wertgegenständen entwendet.

Die auf Gewährung von Versicherungsschutz gerichtete Klage hat vor dem Landgericht keinen Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidung der Instanz - zuletzt Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 20. März 2023

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht München waren der Ansicht, der Kläger habe das äußere Bild des von ihm behaupteten Einbruchdiebstahls nicht hinreichend bewiesen. Das Landgericht habe die Spurenlage nicht deshalb offenlassen können, weil ein Versicherungsfall auch bei einem Einsteigen der Täter in das Gebäude vorliege. Wären die Täter durch ein angelehntes und nicht verriegeltes Fenster in das Gebäude gelangt, sei dies ein anderer Sachverhalt als derjenige, den der Kläger zum Gegenstand seiner Klage gemacht habe. Außerdem liege auf der Hand, dass die festgestellten Spuren nicht zu einem Einsteigediebstahl passten. Hätten die Täter ohne weiteres ins Gebäude einsteigen können, lasse sich nicht erklären, warum sie dennoch Aufbruchspuren erzeugt hätten.

Ein vom Gericht bestellter Sachverständige habe zudem festgestellt, dass die Hebespuren nicht passen würden. Das mittlere Fenster sei beim Eintreffen der Polizei auf Kippstellung. Die Spuren hätten aber nur bei einem geschlossenem Fenster entstehen können.

 

Ein anderes Fenster habe der Sachverständige -an dem ebenfalls Einbruchspuren entdeckt wurden- nur öffnen können, nachdem er wesentlich mehr Kraft Eingesetz habe und dadurch deutlich andere - tiefere- Spuren hinterließ.

Aufgrund der Widersprüche und Unklarheiten, habe der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nicht beweisen können.

Entscheidung des BGH

Der BGH konstatiert unter Bezug auf seine eigene Rechtsprechung:

 

"Dem Versicherungsnehmer einer Sachversicherung sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete Erleichterungen für den Beweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherter Sachen zuzubilligen. Er genügt seiner Beweislast bereits dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen." 

Was gehört zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen?

Auch hierauf gibt der BGH eine Antwort. Seiner Ansicht gehört zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen und vom Versicherungsnehmer zu beweisen sind:

  • Die Unauffindbarkeit von gestohlenen Sachen
  • Einbruchspuren vorhanden sind

Ausdrücklich keine Voraussetzung ist es, dass die vorgefundenen Spuren dergestalt stimmig sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruchdiebstahl schließen lassen müssen.

Die Begründung des BGH zur Beweiserleichterung beim Einbruchdiebstahl

 Der Senat führt nachvollziehbar aus, dass es  Zweck der Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers sei, der in aller Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel für den Diebstahl beibringen kann, ihm die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Geschehen eines Diebstahls darbietet, auch wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann.

 

Das Berufungsgericht hat das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht aufgrund der verbleibenden Unklarheiten verneinen und dem Kläger insoweit einen unzureichenden Vortrag zum Tatgeschehen vorwerfen dürfen. Damit verlangt es zu Unrecht eine ins Detail gehende und widerspruchsfreie Schilderung des Tatgeschehens.

 

"Die dem Versicherungsnehmer zukommenden Beweiserleichterungen beruhen auf der Überlegung, dass es wegen des für eine Entwendung typischen Bemühens des Täters, seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassen möglichst weniger Tatspuren zu begehen, oft nicht möglich ist, im Nachhinein den Tatverlauf konkret festzustellen. "

 

Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen

Fazit

Mit Fug und Recht kann man der Entscheidung entnehmen, dass die Rechte der Versicherungsnehmer abermals gestärkt werden.

Für die Annahme eines versicherten Einbruchdiebstahls reicht es aus, dass Einbruchspuren nachgewiesen werden- auch wenn diese nicht zweifelsfrei stimmig sind.

Zurecht erkennt der Senat praxisnah, dass es dem Täter gerade darauf ankommt, etwaige Einbruchspuren zu verschleiern. Das kann aber nicht zu Last des Versicherungsnehmers gehen.

Empfehlung für Versicherungsnehmer

Versicherungsnehmern - die Opfer eines Einbruchdiebstahls geworden sind ist zu empfehlen, 

  • die Polizei zu rufen
  • eine eigene Spurensicher durchzuführen

 

Man sollte darauf achten, dass die Polizei eine ordnungsgemäße Spurensicherung durchführt. Bis zum Eintreffen der Polizei sollte man den Tatort möglichst unberührt lassen. Insbesondere sollten keine Fenster oder Tüten geschlossen / geöffnet werden. Um sicherzugehen, sollte man selbst ebenfalls die wesentlichen Spuren (Schäden an Türen, Fenster, durchwühlte Schränke etc.) durch Lichtbildaufnahmen (Handy) sicherstellen.

 

Im Beisein der Polizei und in dessen Nachgang ist dann selbstverständlich eine Inventarliste der abhandengekommenen Gegenstände / Wertsachen und Bargeld zu erstellen.

 

Achten Sie hier darauf möglichst gründlich zu sein. Eine spätere Erweiterung führt bei den Hausratsversicherung oft zu Zweifeln.

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