Auf Hohe See und vor Gericht ist man in Gotteshand!
Diese alte "Bauernweisheit" würde ich so nicht unterschreiben, indiziert sie doch, der Bürger sei dem wohlwollen des Richters schutzlos ausgeliefert.
Das wäre mit einem Rechtsstaat und dem anwaltlichen Berufsbild jedoch nicht zu vereinen. Selbstverständlich gibt es zahlreiche Regeln (verankert in den jeweiligen Prozessordnungen und Gerichtsgesetzen) die es sowohl für die Richterschaft als auch der Anwaltschaft und Verfahrensbeteiligten einzuhalten gilt.
Weil die Frage immer wieder aufkommt, ich nicht müde werde sie zu beantworten aber durchaus ein berechtigtes Interesse an entsprechender Aufklärung erkenne, soll dieser Beitrag einen rudimentären Überblick über den Ablauf eines typischen Gerichtsverfahrens geben. Nicht zu Letzt um meinen Mandanten ein wenig die Aufregung davor zu nehmen. Nützliche Tipps habe ich am ende des Beitrages zusammengefasst. Aufgrund der einzelnen Besonderheiten unterteile ich die jeweiligen Gerichtsverfahren nach den von mir angebotenen Rechtsgebieten:
Wichtig zu wissen. Selbstverständlich steht Ihnen Rechtsanwalt Scholz jederzeit zur Seite und wenn erforderlich auch schützend vor Ihnen!
Geht es um eine versicherungsrechtliche (z.B. Krankenversicherungsrecht) oder medizinrechtliche (z.B. Arzthaftung) Streitigkeit, sind die Zivilgerichte zuständig.
Als Zivilgericht kommen in der I. Instanz je nach Streitwert die Amtsgerichte (Streitwert bis 5.000€) oder die Landgericht (ab 5.001 €) in Frage.
Das Schriftliche Vorverfahren
Eingeleitet wird das gerichtliche Verfahren durch die Einreichung der Klageschrift.
Dann wird das Gericht einen entsprechenden Gerichtskostenvorschuss der sich an dem Streitwert orientiert einfordern und die Klage der Gegenseite zustellen, sobald dieser von dem Kläger oder seinem Rechtschutzversicherer bezahlt worden ist.
Sofern die Prozesskosten nicht aus eigenen Mitteln bezahlt werden können, wird noch ein Prozesskostenhilfeverfahren vorangestellt, indem das Gericht prüft, ob und in welcher Form Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
Ist die Klage zugestellt (man spricht dann von Rechtshängigkeit) hat in der Regel die Gegenseite zwei Wochen Zeit ihre sogenannte Verteidigung anzuzeigen.
Tut sie dies nicht, erlässt das Gericht - sofern beantragt- ein Versäumnisurteil.
Tut sie dies, hat sie in der Regel zwei weitere Wochen Zeit um zu begründen, weshalb der Anspruch ihrer Meinung nach nicht besteht (Klageerwiderung).
Je nach Umfang und Verfahrensführung werden dann noch weitere Schriftsätze (sogenannte Replik und Duplik) ausgetauscht. Üblicherweise wird hier der Sachverhalt systematisch dargestellt oder bestritten und entsprechende Zeugen benannt oder Unterlagen vorgelegt, die die eigene Ansicht unterstützen.
Manchmal erlässt auch das Gericht Hinweise und versucht schon in diesem Stadium einen Vergleich herbeizuführen. Gelingt dies dem Gericht nicht, wird es zu einem Termin zur Güteverhandlung und mündlichen (Haupt-) Verhandlung laden.
Die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung
Die Verhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache.
Die Beteiligten und deren Prozessbevollmächtigte nehmen ihre Plätze ein. Die Zeugen - sofern geladen und auch tatsächlich erschienen- nehmen im Zuschauerraum platz. Im Gegensatz zu den Gerichtssälen wie man sie aus US-TV-Serien und Filmen kennt sitzt man nicht dem Gericht gegenüber, sondern jeweils seitwärts (Ausnahme Hamburg und Bremen).
Dann stellt das Gericht (meistens ein Richter oder eine Richterin, vor den Landgerichten können es auch drei Richter sein), die Anwesenheit fest (nicht selten fehlen hier schon Zeugen) und beginnt (nachdem die Zeugen wieder rausgeschickt worden sind) in den Sachstand einzuführen, wie es das Gericht aus den Schriftsätzen im schriftlichen Verfahren verstanden hat. Etwaige Unstimmigkeiten können hier dann noch geklärt werden.
Daran schließt dann formal die Güteverhandlung an.
Je nach Gericht wird es eine erste Einschätzung (vorläufige Rechtsansicht) abgeben und die prozessualen Risiken darlegen. Nicht selten etwas überspitzt (manchmal sogar gänzlich falsch) um die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen.
Daran schließen dann etwaige Vergleichsverhandlungen zwischen den Anwälten an, die vom Gericht "moderiert" werden.
Sofern Sie von Rechtsanwalt Scholz vertreten werden, hat er Sie bereits im Vorfeld hierüber aufgeklärt und ist mit Ihnen die Risiken des Falles durchgegangen und hat mit Ihnen einen Vergleichsrahmen abgesteckt. Wobei es jetzt darum geht, die möglichst höchste Summe zu verhandeln.
Kommt ein Vergleich zu Stande, wird dieser protokolliert und das Verfahren ist beendet.
Kommt es zu keinem Vergleich geht das Verfahren übergangslos (anders als beim arbeitsrechtlichen Verfahren) in die Hauptverhandlung über. Die Anträge werden gestellt (Manchmal allerdings auch erst nach der Anhörung).
Nun ist es soweit. Sie sind dran!!!
In den meisten Fällen ist die persönliche Anhörung der Partei angeordnet. Das Gericht will (und muss) sich einen persönlichen Eindruck von den Parteien machen. Manchmal verlangt das Gericht eine freie Schilderung, wie sich der Sachverhalt aus IHRER Sicht ereignet hat. Dann können Sie entsprechendes berichten. Nur den wenigsten gelingt es einen Sachverhalt derart konkret und detailliert zu schildern, dass er keine Frage offen lässt.
Deshalb wird sehr wahrscheinlich das Gericht noch einige Fragen haben, um genauer zu erfahren, was, wann wie warum durch wen passiert ist?
Ist das Gericht fertig, wird das Fragerecht an die Anwälte übergeben (sofern nicht bereits schlechte Manieren für etwaige Zwischenrufe / Fragen gesorgt haben).
Sind die Parteien angehört worden und die Anträge noch nicht gestellt, geht spätestens jetzt das Verfahren durch Antragstellung in das Hauptverfahren über.
Sofern Zeugen schon geladen worden sind und vor Ort oder per Video erschienen sind. Werden diese nunmehr vernommen. Andernfalls wird das Gericht - sofern erforderlich- einen (oder mehrere) Termine anberaumen (zu denen Sie meistens nicht erscheinen müssen aber dürfen).
Ist auch nach der Befragung von Zeugen der Sachverhalt noch weiter aufzuklären, wird das Gericht einen Sachverständigen beauftragen (z.B. medizinisches Gutachten, Unfallrekonstruktionsgutachten).
Hat der Sachverständige das Gutachten gefertigt, kann dies von den Rechtsanwälten überprüft werden. Spricht es für die eigene Ansicht / Darstellung ist hier nichts weiter zu unternehmen. Bekräftigt es die Gegendarstellung gilt es herauszufinden, ob das Gutachten angreifbar ist. Manchmal wird dann der Sachverständige auf etwaige Fehler hingewiesen die er in einem Ergänzungsgutachten beseitigen kann oder er wird seine Ansicht verteidigen. Manchmal kommt es aber auch zu einem weiteren Gerichtstermin, wo der Sachverständige sein Gutachten erörtert und den Beteiligten sowie dem Gericht Rede und Antwort stehen muss.
Daran anschließend wird sich das Gericht etwas Zeit nehmen und schlussendlich ein Urteil verkünden.
Nachdem das Urteil zugegangen ist. Haben die Parteien (sofern der Streitwert über 600€ liegt) die Möglichkeit vom Rechtsmittel der Berufung gebrauch zu machen. Dann wird das Urteil nicht Rechtskräftig und von der nächsten (II.) Instanz im sogenannten Berufungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit geprüft.
In einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit vor den Arbeitsgerichten ergeben sich die nachfolgenden Besonderheiten.
Die wichtigste ist, wenn Sie eine Kündigungsschutzklage erheben, muss diese binnen 3. Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben worden sein.
Die Klage wird zugestellt, ohne das es einer vorherigen Gerichtskostenvorschussrechnung bedarf.
Ein ausschweifendes schriftliches Vorverfahren ist eher ungewöhnlich.
Ein Termin zur Güteverhandlung wird deutlich schneller anberaumt.
Die Güteverhandlung
Anders als im zivilen Rechtstreit ist die Güteverhandlung ein "eigenständiges" Verfahren. Hier erscheinen auch nur die Parteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) nebst ihren Prozessbevollmächtigten.
Ziel ist es hier eine gütliche Einigung zu finden.
In der Regel wird das sein, dass die Parteien sich auf eine bestimmte Abfindungssumme einigen.
Kommt es zu so einem Vergleich ist das Verfahren beendet. Gerichtskosten entstehen nicht und jede Partei trägt die Kosten ihres Anwaltes selber!
Kammertermin
Kommt es zu keiner Einigung in der Güteverhandlung, wird das Gericht einen Kammertermin (Verhandlungstermin) bestimmen. Hier wird der Sachverhalt entsprechend der obigen Ausführungen aufgeklärt und den angebotene Beweisen (Zeugen, Urkunden Sachverständige) nachgegangen (wobei Sachverständige hier eher eine untergeordnete Rolle spielen).
Sind alle Beweise erhoben, wird das Gericht ein Urteil verkünden, dass ebenfalls mit der Berufung angreifbar ist.
Die Gerichtskosten trägt dann entweder der der verloren hat oder sie werden gequotelt.
Sozialrechtliche Streitigkeiten finden vor den Sozialgerichten ( I. Instanz) statt.
Eine Streitwertberechnung findet in aller Regel nicht statt.
Die Klage muss binnen eines Monats nach dem Widerspruchbescheid des Leistungsträgers (z.B. Krankenkasse) erhoben worden sein. Zuständig ist das Sozialgericht am Wohnort des Klägers.
Das sozialgerichtliche Verfahren ist für Versicherte und Schwerbehinderte kostenfrei.
Auch hier findet ein schriftliches Vorverfahren statt. In einem ersten Schritt, sofern noch nicht im Widerspruchsverfahren geschehen, wird die entsprechende Verwaltungsakte angefordert und ausgiebig überprüft. Anhand dessen und Ihren Informationen / Unterlagen (z.B. ärztliche Stellungnahme, Verordnung) wird dann die Klagebegründung gefertigt.
Anders als im zivil,- oder arbeitsrechtlichen Verfahren gilt hier zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Amtsermittlungsgrundsatz.
Das bedeutet, dass das Gericht auch von sich aus Beweise erheben und nachgehen wird, um zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen.
Auch hier kommt es in aller Regel zu einer mündlichen Verhandlung. Es gilt das oben gesagte wobei, insbesondere bei medizinischen Sachverhalten hier dem Sachverständigengutachten eine besondere Bedeutung zukommt.
Ist das Gutachten erstellt und sind die übrigen Beweise erhoben worden wird das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung ein Urteil aussprechen.
Auch dieses Urteil ist dann mit der Berufung ggf. anfechtbar.
Die Kosten des Rechtsstreit (Anwaltsgebühren) trägt derjenige, der den Prozess verliert.
Haben Sie die Ladung zur mündlichen Verhandlung erhalten, prüfen Sie umgehend, ob Sie an diesem Termin können oder verhindert sind (z.B. bereits gebuchter Urlaub). Können Sie nicht an dem Termin teilnehmen, bitten Sie um Verlegung und weisen Sie ihre Verhinderung entsprechend nach.
Notieren Sie sich den Termin und die Telefonnummer des Gerichts.
Klären Sie entsprechendes mit Ihrem Arbeitgeber ab. Sorgen Sie ggf. für eine Kinderbetreuung.
Am Tag vor der Verhandlung. Sollten Sie nervös sein, rufen Sie ihren Rechtsanwalt noch mal an (hoffentlich Rechtsanwalt Scholz) und gehen sie den Gang der Verhandlung noch mal durch. Das hilft nicht nur ihrer Nervosität zu senken sondern auch, sich den Sachverhalt noch mal zu vergegenwärtigen.
Sorgen Sie für ausreichend Schlaf.
Am Tag der Verhandlung. Sollten Sie ausreichend gefrühstückt haben. Tragen Sie etwas in dem Sie sich wohlfühlen, was aber auch angemessen für eine Gerichtsverhandlung ist. Baseball-Caps und Kaugummi sind es nicht.
Sorgen Sie dafür das sie ausreichend Zeit haben. Sie sollten 15 Minuten vorher da sein.
Sollten sie kurzfristig erkranken oder in einem Stau stehen, teilen Sie dies umgehend dem Gericht mit (deshalb haben Sie die Nummer notiert!). Auch Ihren Anwalt sollten Sie informieren. Sorgen sie im Anschluss für eine ärztliche Bescheinigung. Wichtig. Der Arzt sollte Verhandlungsunfähigkeit attestieren.
Während der Verhandlung bleiben Sie (ja da es ist manchmal schwer wenn die Gegenseite lügt) ruhig und gelassen. Setzten Sie ihr Pokerface auf. Vermeiden Sie Zwischenrufe und lassen Sie sich von denen des gegnerischen Anwalts nicht beirren.
Antworten Sie auf Fragen des Gerichts ruhig, verständlich und ehrlich. Es kommt nicht selten vor, dass Monate (manchmal sogar Jahre) zwischen dem Ereignis und ihrer Anhörung liegen. Nehmen Sie sich die Zeit die Sie brauchen. Bleiben Sie konzentriert und fokussiert. Vermeiden sie ausschweifende Ausführungen. Wenn Sie sich an eine Sache nicht mehr erinnern, dann sagen Sie es. Sie brauchen nichts herleiten.
Bleiben Sie höfflich und sachlich. Sprechen Sie das Gericht mit Herr Vorsitzender, Frau Vorsitzende an. Nennen Sie die Partei - wenn möglich- bei Namen. Bleiben Sie selbstbewusst und vor allem, vertrauen sie darauf das Herr Rechtsanwalt Scholz weiß was er tut. Selbst wenn er gerade schweigt!